Der Kulturprotestantismus

Der Kulturprotestantismus

Kulturprotestantismus oder auch liberales Christentum sind etwas anderes als Linksprotestantismus. Ein wesentliches Anliegen der Liberalen Theologie ist die Zusammenbestehbarkeit des christlichen Glaubens mit dem Wahrheitsbewusstsein der aufgeklärten Moderne. Im Kulturprotestantismus werden die sozialen und kulturellen Folgen der Reformation wie beispielsweise seine Musik- und Gesangskultur und sein Einsatz für sozialen Fortschritt als Verwirklichung des Christentums gewürdigt. Im Idealfall befördert ein solches Christentum eine gesellschaftliche Kultur aufgeklärter Freiheit; bisweilen auf Kosten der geistlichen Substanz des Glaubens.

Harnack, Adolf von (2012): Das Wesen des Christentums. Sechzehn Vorlesungen vor Studierenden aller Fakultäten im Wintersemester 1899/1900 an der Universität Berlin, Hg. von Claus Dieter Osthövener. Tübingen: Mohr Siebeck.

Diese Vorlesungen wurden zu einem der meistverkauften theologischen Bücher des 20. Jahrhunderts – und zum Klassiker Liberaler Theologie bis heute. Adolf von Harnack war nicht nur ein überragender Kirchenhistoriker. Als Gründungspräsident der „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“ (später: Max-Planck-Gesellschaft) war er zwanzig Jahre lang einer der wichtigsten Wissenschaftsorganisatoren seiner Zeit. Harnack kritisiert in seinem Buch das dogmatische Christentum, wie es sich in der Antike, im Mittelalter und auch noch in der Reformation als dominant erwiesen hat. Das Wesen des Christentums zeige sich vielmehr im Gottvertrauen Jesu, in seiner Betonung des unendlichen Wertes der Menschenseele und dem Streben nach Gerechtigkeit und Nächstenliebe

 

Rendtorff, Trutz (2011): Ethik. Grundelemente, Methodologie und Konkretionen einer ethischen Theologie. Tübingen: Mohr Siebeck.

Dieser Entwurf einer Ethik ist mehr als ein Lehrbuch neben anderen. Dreißig Jahre nach seinem Erscheinen gilt dieses Buch schon jetzt als klassischer Text Liberaler Theologie. Rendtorff entfaltet hier das Programm einer ethischen Theologie, die nicht mehr von der Offenbarung Gottes als etwas Feststehendem ausgeht, sondern die Aufgabe der persönlichen Lebensführung in Orientierung am christlichen Erbe ins Zentrum stellt

 

Lauster, Jörg (2017): Die Verzauberung der Welt. Eine Kulturgeschichte des Christentums. München: C.H. Beck.

Jörg Lausters (Kultur-)Geschichte des Christentums dürfte eine der erfolgreichsten und zugleich auch charmantesten Veröffentlichungen zum Christentum im 21. Jahrhundert aus dezidiert liberaler Perspektive sein. Lauster bietet eine kundige Beschreibung von 2000 Jahre Christentum, in der nicht wie üblich Kirchenväter, Reformatoren, Dogmen und Theologien als Höhepunkte gelten, sondern –Renaissance und Aufklärung, Kunst und Musik. 

 

Vernetzte Vielfalt. Kirche angesichts von Individualisierung und Säkularisierung. (2015) Hg. von Heinrich Bedford-Strohm und Volker Jung. Die fünfte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge. (2006) Die vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft. Hg. von Wolfgang Huber u.a. Gütersloher Verlagshaus.

Fremde Heimat Kirche. Die dritte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft. (1997) Hg. von Klaus Engelhardt u.a. Gütersloher Verlagshaus.

Was wird aus der Kirche? (1984) Ergebnisse der zweiten EKD-Umfrage über Kirchenmitgliedschaft. Hg. von Johannes Hanselmann. Gütersloher Verlagshaus.

Wie stabil ist die Kirche? (1974) Bestand und Erneuerung. Ergebnisse einer Umfrage. Hg. von Helmut Hild. Berlin.

Die fünf Mitgliedschaftsuntersuchungen der EKD sind die bedeutendste Quelle zur Geschichte der Evangelischen Kirche in Deutschland in den letzten 50 Jahren. Hier kann man zweierlei beobachten: auf der einen Seite die Entwicklungen der Kirchenmitglieder; auf der anderen Seite die theologischen Deutungen der dabei sichtbar werdenden Dynamik zunehmender Fragilität der Kirchenbindung

 

Wegener, Gerhard (2014): Religiöse Kommunikation und Kirchenbindung. Ende des liberalen Paradigmas. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt.

Der langjährige Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD Gerhard Wegener kritisiert in diesem Buch die Kirchenstrategie der letzten Jahrzehnte. Zu lange sei ein Paradigma betont worden, das das kirchendistanzierte Privatchristentum der treuen Kirchenfernen als Normalfall des Protestantismus beschrieb. Ohne Gemeindeleben und Glaubenspraxis in der Familie habe das Christentum keine Zukunft.

 

Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie. Der Staat des Grundgesetzes als Angebot und Aufgabe. (1985). Eine Denkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gütersloh: Verlagshaus Gerd Mohn.

 

Aneignung des Gegebenen – Entstehung und Wirkung der Demokratie-Denkschrift der EKD. (2017) Hg. von Hans Michael Heinig. Tübingen: Mohr Siebeck.

Die Demokratiedenkschrift spielt in der Podcast-Folge eine große Rolle und wird dort ausführlich besprochen. Im 2017 erschienen Sammelband analysieren Reiner Anselm, Claudia Lepp, Hans Michael Heinig, Andreas Busch und Roger Mielke Entstehung, Inhalt und Wirkung dieser Denkschrift.

 

Anselm, Reiner, Albrecht, Christian (2017): Öffentlicher Protestantismus: Zur aktuellen Debatte um gesellschaftliche Präsenz und politische Aufgaben des evangelischen Christentums, Zürich: Theologischer Verlag.

Diese Programmschrift formuliert einen gesellschaftstheologischen Ansatz, wie die Evangelische Kirche in der Öffentlichkeit auftreten sollte. Im Gegensatz zur (tendenziell linksprotestantischen) Öffentlichen Theologie relativiert dieses Programm die politische Profilierung der Kirchen als Anwälte der Armen und Ausgegrenzten. Vielmehr sollten kirchliche und theologische Äußerungen Menschen in die Lage versetzen, urteilsfähig zu werden, die Pluralität gesellschaftlicher Überzeugungen ertragen zu können und Zusammenhalt des Gemeinwesens auch über politische Unterschiede hinweg zu kultivieren.